Die Wahl Essens und des Ruhrgebiets zur Europäischen Kulturhauptstadt 2010

„Nirgendwo auf der Welt sieht es aus wie im Ruhrgebiet. Die Landschaften der Region sind von Menschen gemacht und von Bergbau und Industrie gezeichnet. Hier wurde das Unterste nach oben gekehrt. Die Städte und ihre Kultur sind nicht durch ein feudales Erbe geprägt, sondern durch Funktionalität, Zerstörung im Krieg und schnellen Wiederaufbau. Seit einigen Jahren verändern sich die Landschaften der Metropole Ruhr. Industriebrachen werden zu Landschaftsparks, Halden werden zu grünen Oasen und bahnbrechende Kunst und Architektur verwandeln die Zeichen der industriellen Vergangenheit in spektakuläre Zeichen des Wandels.“

Quelle: Webseite der Gesellschaft Ruhr2100 Kulturhauptstadt Europas:http://www2.kulturhauptstadt-europa.de/programm/projekte/panoramen/schachtzeichen.html, den 17.12. 2008

Grillo-Theater (© Stadtbildstelle Essen)

2006 schaffte es die Stadt Essen, stellvertretend für das gesamte Ruhrgebiet, sowohl die deutsche Jury unter der Federführung der Kultusministerkonferenz als auch die Expertenjury der Europäischen Union für sich zu gewinnen und wurde zur "Kulturhauptstadt 2010" gewählt.

Essen konnte für den Bereich der europäischen Kunst- und Geistesgeschichte ihre Qualität unter Beweis stellen. So überzeugte sie mit dem Konzept kultureller Umgestaltung von Stadt und Umland und bereicherte damit auch die europäische Kulturlandschaft. Dabei muss hervorgehoben werden, dass außer Essen neun weitere deutsche Städte um die Nominierung zum Titel der „Europäischen Kulturhauptstadt 2010“ stritten, darunter befanden sich Bremen, Braunschweig, Görlitz und Lübeck. Um den Traum vom Titel der "europäischen Kulturhauptstadt" wahr werden zu lassen, musste jede Stadt ein Projekt entwickeln, das sie im Bewerbungsverfahren vorstellte.

Der von Essen entworfene Plan bietet einen Rückblick in die historische Entwicklung des Ruhrgebietes und stellt Möglichkeiten der weiteren erfolgreichen Zukunftsgestaltung dieser Region vor. Er macht folgende Wandlungsprozesse zum Hauptthema der Bewerbung:

 

Zeche Zollverein (© Stadtbildstelle Essen)

Das Ruhrgebiet kann seit dem 19. Jahrhundert als eines der größten Industrieregionen Europas bezeichnet werden. Kohleabbau und Stahlindustrie prägten das Leben und die Region dieser Menschen. Mit der Krise in der Montanindustrie folgte seit den 1960er Jahren der wirtschaftliche Abstieg der Region. Arbeitsplätze im Bergbau und in der Industrie wurden immer mehr abgebaut. Es erfolgte ein Strukturwandel von der Industrie- zu einer Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft. In diesem Wandlungsprozess entwickelte sich ein neu definiertes kulturelles Leben, welches industrielle Prägungsformen mit moderner Kunst und Kultur verband. So entwickelte sich aus dem von Schwerindustrie geprägten Gebiet eine Region, die sich durch innovative kulturelle Angebote auszeichnet. So eröffneten im Ruhrgebiet viele Industrie- und Technikmuseen, zum Beispiel das Bergbaumuseum in Bochum und das Westfälische Industriemuseum.

Unter dem Motto: „Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel“ wurden alle diese Leistungen im Bewerbungsverfahren um den Titel der „Europäischen Kulturhauptstadt“ ausführlich präsentiert. Das Konzept der Modernisierung und des „Sich-neu-erfindens“ des Ruhrgebietes überzeugte Vertreter der Europäischen Union. Es griff nicht nur neue Fragen auf, sondern es entwickelte auch moderne und innovative Lösungsvorschläge, die diese Region zu einer „Metropole der Zukunft“ machen könnten. Da es in Europa mehrere solcher alten Industrieregionen gibt, die ähnliche Probleme mit dem Strukturwandel in ihrer Region haben, könnte das Ruhrgebiet zu einem Vorbild für andere Industrieregionen werden.