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Infotext: Essen 1943 - "Battle of the Ruhr" - Unterschiedliches Erinnern

In welche Richtung geht die europäische, deutsche und Essener Erinnerungskultur? Foto: Hanna Grzempa

Die Erinnerungen von Menschen und Menschengruppen an dieselben Ereignisse können unterschiedlich sein. Diese Unterschiede betreffen zum Beispiel die Beurteilung des Geschehens oder die Emotionalität mit der über dieses gesprochen wird. Das subjektive Empfinden von Ereignissen ist in erster Linie von der Betrachtungsperspektive abhängig. So ist es wichtig, wer sich erinnert und welche Art emotionaler Bindung die Personen an das historische Geschehen haben.

Auch die Bombenangriffe auf das Ruhrgebiet sind unterschiedlich in den Erinnerungen einzelner Menschen und Menschengruppen verhaftet.

Unterschiede sind beispielsweise bei den folgenden beiden Gruppen feststellbar:

1. Bei Zeitzeugen, die selber furchtbare Angst im Krieg erlebt haben und

2. bei den Nachkommen, denen diese Erfahrungen weitergegeben wurden.

Aufgrund individueller Erfahrungen sind diese wiederum unterteilbar in:

- deutsche Bombenopfer;

- ausländische Bombenopfer und

- Zwangsarbeiter.

Unterschiedlich erinnern sich auch einzelne Nationen. Zum Beispiel nimmt im englischen Kollektivgedächtnis die Luftschlacht über England einen wichtigeren Platz als der Luftkrieg in Deutschland an.

In Polen hingegen wird in erster Linie dem vom polnischen Volk erfahrenen Leid im Zweiten Weltkrieg gedacht. Im deutschen öffentlichen Gedächtnis wiederum dominierte seit Ende der 1950er Jahre das „Schuld - Narrativ“. Das Verbrechen der Nationalsozialisten, insbesondere der Holocaust, stand im Mittelpunkt aller den Zweiten Weltkrieg betreffenden Debatten. Seit den 1990er Jahren wird über Veränderungen der deutschen Erinnerungskultur gesprochen. So wird heutzutage auch über das Leid der deutschen Kriegsopfer diskutiert (zum Beispiel der Menschen, die Bombenangriffe erlebten). Aktuell wird die Frage in der deutschen Erinnerungskultur gestellt, wie die deutsche Gesellschaft ihre Kriegsopfer betrauern kann, ohne dabei die Verantwortung für die nationalsozialistischen Verbrechen auszublenden.

Individuelle Erinnerungen sind oft selektiv. Einige Details, Episoden und Besonderheiten eines Ereignisses werden entweder behalten oder vergessen beziehungsweise für unwichtig gehalten, so dass sie nicht weiter vermittelt werden. Es kommt vor, dass Einzelheiten bewusst nicht thematisiert werden. Dies kann verschiedene Gründe haben. Zum einen können Details unangenehme Gefühle wecken, zum anderen können diese den Erzählenden in einem schlechten Licht darstellen. Dies stellt eine unvollständige Erzählung dar, die manipuliert anstatt aufzuklären.

Da kollektive Erinnerungskulturen durch individuelles Erinnern mitgeprägt sind und individuelles Erinnern dazu tendiert die Vergangenheit selektiv wahrzunehmen und zu vermitteln, können auch kollektive Erinnerungskulturen unvollständig sein. Dies gilt es sich immer bewusst zu machen und kritisch zu hinterfragen.

Dies versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu erreichen, indem sie den Gesamtkontext eines Ereignisses betrachten und somit den "historischen Rahmen" im Blick behalten. Um dies auch im Geschichtsunterricht zu erzielen, bemüht man sich möglichst viele Perspektiven historischer Darstellungen zu erfassen.


Zwangsarbeiter: Zwangsarbeiter wurden vor und während des Zweiten Weltkrieges in der Industrie, Wirtschaft und in privaten Haushalten eingesetzt. Sie waren besonders billige Arbeitskräfte und die Arbeitgeber mussten bei ihnen keine festen Vorschriften in Bezug auf Arbeitszeiten oder Arbeitssicherheit einhalten.