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Infotext: Essen im Zeitalter der Industrialisierung - Technische Entwicklung

Essen 1829, Blick von Osten auf die Stadt (© Stadtbildstelle Essen).

Bis zum 19. Jahrhundert gab es im Ruhrgebiet nur wenige technologische Entwicklungen. Es wurde als idyllischer Landstrich bezeichnet, der durch die Landwirtschaft geprägt war. Eine Vielzahl an Flüssen und Bächen schlängelte sich durch das Land und machte es fruchtbar. Schon seit dem 14. Jahrhundert wurde im Ruhrgebiet Steinkohle von dort lebenden Bauern als Nebenerwerb gefördert. Die Kohle wurde zum Heizen der Behausungen und zum Schüren des Feuers für Schmiedearbeiten gebraucht.

In den 30er und 40er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde die Kohle immer wichtiger für das Ruhrgebiet. Denn sie war der Motor der industriellen Entwicklung. Die ersten Dampfmaschinen, die im Ruhrgebiet eingesetzt wurden, wurden aus England importiert und nach und nach in immer mehr Industriezweigen eingesetzt. Zuerst wurden sie nur bei der Förderung von Kohle eingesetzt, später ersetzten sie menschliche Arbeitskräfte an den Schmiedehämmern und Webstühlen. Schiffe und Eisenbahnen, die mit Dampfenergie angetrieben wurden, verbesserten die Mobilität der Menschen. Die erste Dampflokomotive auf deutschem Boden fuhr 1835 und auf englischem bereits im Jahre 1825.

England gilt als Wiege der Industriellen Revolution. Dort wurden die ersten Dampfmaschinen konstruiert und ab 1769 erfolgreich eingesetzt. Im Ruhrgebiet kam die erste Dampfmaschine erst 30 Jahre später auf einer Zeche in Bochum zum Einsatz.

Essen um 1865, Blick von Osten auf die Stadt (© Stadtbildstelle Essen).

Ein wichtiger Industriezweig im Ruhrgebiet war die Stahlproduktion. Für sie brauchte man große Mengen an Kohle, um Hochöfen und Schmiedehämmer zu betreiben. Die Produktionsverfahren für die Stahlerzeugung wurden über die Jahrzehnte verbessert, um reineren und somit härteren Stahl produzieren zu können. Die drei wichtigsten Verfahren waren das Puddel-, Bessemer- und Thomas-Verfahren. Das Puddel-Verfahren wurde in England erstmals 1784 eingesetzt. Dabei wurde Eisen bis zu Verflüssigung erhitzt, um so Rohstahl herzustellen. 1826 wurde dieses Verfahren im Ruhrgebiet erfolgreich eingeführt. 1855 erfand Henry Bessemer das nach ihm benannte Verfahren zur Stahlproduktion, sieben Jahre später wurde es auch in Deutschland angewandt. Es brauchte gegenüber dem Puddel-Verfahren viel weniger Energie und Zeit und sparte somit Kosten ein. Es barg jedoch einen Nachteil: phosphathaltiges Erz konnte auf diese Weise nicht verarbeitet werden. Erst das Thomas-Verfahren, welches in England 1877 zum ersten Mal und im Ruhrgebiet nur zwei Jahre später eingesetzt wurde, erlaubt es bei geringen Produktionszeiten und –kosten aus verschiedenen chemisch zusammengesetzten Eisenerzen Rohstahl zu gewinnen.

Die Verfahren zur Stahlerzeugung kamen auf zahlreichen Wegen in das Ruhrgebiet. Der spektakulärste ist wahrscheinlich die der Industriespionage. Junge Ingenieure, unter anderem auch der berühmte Alfred Krupp, reisten aus diesem Grund nach England und besuchten die großen Fabriken, um die neusten Erfindungen in das Heimatland zu bringen und dort mit ihnen Geld zu verdienen.

Herstellung eines nahtlosen Radreifens in der Firma Krupp (© Stadtbildstelle Essen).

Doch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fingen deutsche Techniker und Ingenieure nicht nur an, die Entwicklungen aus England zu verfeinern und zu verbessern, sondern auch selbst Technologien zu entwickeln. So auch Alfred Krupp, der 1852 den ersten nahtlosen Radreifen für Eisenbahnen produzierte. Bis dahin wurden geschweißte Reifen benutzt, welche bei höherer Geschwindigkeit an der Schweißnaht brachen.

Die Industrialisierung machte das zu Beginn des 19. Jahrhunderts beschauliche und agrarisch geprägte Ruhrgebiet zu einer boomenden Industrieregion, die von rauchenden Schloten beherrscht wurde. 1820 hatte Essen nur 4660 Einwohner, 1896 schon 100.000. Die gesamte Entwicklung um die industrielle Revolution hatte auch negative Auswirkungen. Die Städte im Ruhrgebiet waren überfüllt, es gab zu wenig Wohnraum und die Kanalisation war nicht ausreichend ausgebaut. Die Verschmutzung von Luft, Wasser und Erdreich nahm immer mehr zu.

 

Steinkohle: Steinkohle ist ein fossiler Brennstoff, der zum Großteil aus Kohlenstoff besteht und hauptsächlich zur Wärme- und Stromerzeugung, sowie zur Stahlproduktion benutzt wird. In Deutschland wird sie seit dem 14. Jahrhundert gefördert. Die Steinkohle trug maßgeblich zur Industriellen Revolution bei, da mit ihr die Dampfmaschinen befeuert wurden.

Dampfmaschine: Schon 1712 wurden erste Vorgänger der Dampfmaschine in englischen Bergwerken eingesetzt, um dort das einfließende Wasser abzupumpen. 1769 verbesserte James Watt die bisher eingesetzten Dampfmaschinen und sie konnten erfolgreicher denn je eingesetzt werden. Auch außerhalb der Bergwerke wurde die durch sie erzeugte Energie in Fabriken, die Stahl und Textilien produzierten, eingesetzt. Für den Betrieb einer Dampfmaschine brauchte man Kohle.

Industrielle Revolution: Die Industrielle Revolution beschreibt die Umgestaltung der gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Strukturen im 18. und 19. Jahrhundert. Sie führte von einer Agrar- zu einer Industriegesellschaft. Die Industrielle Revolution ist von einer enormen Entwicklung der Technologien und Wissenschaften gekennzeichnet.