Einheit erstellt von Hanna Grzempa   Bibliografie   Didaktischer Kommentar

Zur Einheit

Didaktischer Kommentar: Essen 1943 - "Battle of the Ruhr": Erinnerungskultur

1. Inhalte

Diese Einheit thematisiert die Erinnerung an die „dunklen Stunden“ der Stadtgeschichte Essens während der „Battle of the Ruhr“ 1943. Die gewählten Unterthemen, „Formen der Erinnerung“ und „Unterschiedliches Erinnern“, verdeutlichen, die Komplexität und Dynamik des Prozesses der Aktualisierung und Wiederaneignung von Vergangenheit. 

Ausgangspunkt der Überlegungen zu Erinnerungsprozessen und Erinnerungskultur ist der durch den „linguistic turn“ eingeleitete Paradigmenwechsel in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften. Demnach stellen Sprache und Text wesentliche sinnkonstituierende Medien dar. Nicht nur bezogen auf die Geschichtswissenschaft bedeutet dies eine Infragestellung eines absoluten Wahrheitsanspruches von Aussagen. So wird Geschichte durch soziale Erinnerungs- und Konstruktionsprozesse „geschaffen“.

Mit der Konstruktion von Geschichte in Form von Narrativen wird Sinn und Identität gestiftet. Dies kann auf individueller, kollektiver und nationaler Ebene erfolgen. Allerdings unterscheiden sich die Erinnerungen von sozialen Gruppen. Geschichtsdeutungen werden sowohl innerhalb dieser Gruppen als auch innerhalb der Gesellschaft diskursiv ausgehandelt.

Erinnerung steht in engem Zusammenhang mit Erinnerungsorten. Als Erinnerungsorte können beispielsweise ein geografischer Ort, Ereignisse, mythische Gestalten und Kunstwerke anerkannt werden. Sie manifestieren sich unter anderem in Gedenktafeln und Mahnmalen. Diese wiederum prägen, gestalten und verändern Räume. So verbindet der Begriff der Erinnerungsorte den „linguistic turn“ mit dem „spatial turn“.

Auch das Konzept der Erinnerungskultur, das Diskursanalyse und Erinnerungsorten besondere Bedeutung beimisst, kann auf die traditionelle Ereignis- und Politikgeschichte nicht verzichten.

Diese Einheit stellt zum einen Erinnerungskultur in ihren konkreten Ausprägungen, zum anderen als Analysekategorie gegenwärtiger und vergangener kultureller Ausdrucksweisen vor.

Über die Stadtgeschichte Essens und die Erinnerung an die „Battle of the Ruhr“ hinaus befähigt das Städte-Kaleidoskop die Schülerinnen und Schüler an eXemplarischen Fällen sowohl die europäische Geschichte als auch die internationale Geschichte des 20. Jahrhunderts zu verstehen.

Da Erinnerungskultur sich sowohl auf Vergangenheit als auch auf Gegenwart bezieht, gibt diese Einheit den Schülerinnen und Schülern Methoden und Konzepte an die Hand, ihre Gegenwart kritisch zu reflektieren. Besonders die in Schulbüchern verbreiteten Geschichtsnarrative können von Schülerinnen und Schülern kritisch hinterfragt werden.  

2. Anknüpfung an Unterrichtsthemen

„Holocaust“, „Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“, „Internationale Position Deutschlands nach 1945“, „Nationalismus“, „nation-building“, „Kalter Krieg“, „Transformationsprozesse nach 1989/1990“, „Ende des Kalten Kriegs 1989/1990“, „Erinnerungsorte“, „Gedächtnis“, „Europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts“, „Umgang mit der kommunistischen Vergangenheit in Europa“ etc.

3. Verbindungslinien zu anderen Themen der Website

Durch Themen, die auch die Zeit der „Battle of the Ruhr“ behandeln, kann diese Einheit ergänzt werden. So helfen die Themen „Alltagsgeschichte“, „Bildung“, „Infrastruktur“ und „Medien“ die den Erinnerungen zugrunde liegenden Ereignisse und somit die Argumentation von Erinnerungsdiskursen zu verstehen.

Besonders interessant sind Fragen nach dem Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit wie im Falle der Firma Krupp oder der Reichsbahn. Diese Fragen können sich sowohl auf vergangene Zeitpunkte als auch auf die Gegenwart beziehen. Für Hintergrundwissen bietet sich eine Ergänzung durch das Thema „Wirtschaft“ an. 

Neben einer Fokussierung auf den Nationalsozialismus ist es wichtig, den Umgang mit dem Kommunismus zu reflektieren. Hierzu bieten sich die Themen zu Krakau und Vilnius an. Vergleichend dazu können beispielsweise deutsche Schülerinnen und Schüler den Umgang mit der DDR vor und nach der "Wende" recherieren und reflektieren.

4. Arbeiten mit der Unterrichtseinheit

Damit die Schülerinnen und Schüler das Thema „Erinnerungskultur“ in seiner Komplexität erfassen, bietet es sich an, die komplette Einheit zu behandeln. Dabei ist die Reihenfolge der Behandlung beliebig. Da die Einheit diskursiv und kritisch-reflexiv gestaltet ist, setzt sie teilweise Wissen der Einheiten zur "Battle of the Ruhr" voraus.

5. Schülerkompetenzen und Lernziele

Diese Einheit eignet sich besonders für fächerübergreifenden Unterricht. Sie weist vor allem Überschneidungen der Fächer Geschichte, Politik und Sozialkunde/Gesellschaftskunde/Gemeinschaftskunde. Darüber hinaus eignet sie sich für den fremdsprachlichen Sachfachunterricht.

Kognitive Lernziele

Die Schülerinnen und Schüler lernen mit dem Thema Erinnerungskultur aktuelle wissenschaftliche Konzepte und Begriffe kennen. Indem sie lernen, dass Geschichte sowohl auf die Vergangenheit und die Gegenwart als auch auf die Zukunft rekurriert, wird ihnen ein Verständnis von Geschichte vermittelt.

Dass Erinnerungskultur sowohl auf kritischem Reflexionsvermögen als auch auf Empathiefähigkeit aufbaut, spiegelt sich auch in der didaktischen Umsetzung wider. Die diskursive Ebene der Einheit wird vor allem durch die Erörterung betont. So regt das kritische Hinterfragen und das Auseinandersetzen mit Vergangenem und Gegenwärtigem die Schülerinnen und Schüler zu kritisch-reflexivem Nachdenken über die Geschichte ihrer Stadt an.

Affektive Lernziele

Die Schülerinnen und Schüler erfahren die Gegenwartsbezogenheit historischer Themen und Epochen. So werden sie sich der durch Geschichte vermittelten Sinn- und Identitätsstiftung bewusst. Indem sie einen Gedenkstein gestalten, werden ihre Empathiefähigkeit, ihr kreativer Umgang mit der Veragngenheit und nicht zuletzt ihr Reflexionsvermögen gefördert.

Methodische Kompetenzen

Die vorliegende Einheit schult diverse methodische Kompetenzen wie beispielsweise Textanalyse, Projekt- und Recherchearbeiten. Es wird konzeptionelles Denken und Empathiefähigkeit geübt. Darüber hinaus wird das Visualisierungsvermögen der Schülerinnen und Schüler trainiert.